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Rage and Petulance

“The debate, as Bannon put it, was not about whether the president’s situation was bad, but whether it was Twenty-Firth-Amandment bad.”

Fire and Fury, S. 297.

Es ist schlimm. Das war zu erwarten; dennoch ist es kaum zu ertragen. Rückblickend ist es eigentlich noch viel schlimmer. Man fragt sich, weshalb diese völlig chaotische, desaströs inkompetente und von Intrigen und persönlicher Missgunst zerfressene Administration nicht schon viel früher in sich zusammengefallen ist wie ein stümperhaft und hastig aufgestelltes Kartenhaus.

Eine Antwort darauf will Michael Wolff in Fire and Fury gar nicht geben. Er ist – um ihn selbst zu zitieren – die Fliege an der Wand, die einen scheinbar ungefilterten Einblick in die dysfunktionale Mechanik einer völlig inkompetenten und unvorbereiteten Administration gewährt. Insbesondere nach dem Ende der Amtsperiode wird klar, dass der 45. nicht nur völlig unqualifiziert für seine Präsidentschaft war, sondern zugleich überhaupt kein Interesse am größeren Bild hatte. Um das Komplizierte sollten sich andere kümmern.

Vermutlich erklärt sich in Wolffs Fokus auf diese anderen – die Strippenzieher und Speichellecker im West Wing – die immense Rage, die nach Erscheinen des Buchs aus dem Oval Office zu hören war. Denn ganz im Gegenteil zum öffentlichen Bild und zu seiner eigenen Selbstwahrnehmung war die Spitzenfigur im Weißen Haus letztlich nur ein Nebencharakter, eine Marionette an den Fäden seines machtgierigen, stets auf den eigenen Vorteil bedachten Umfelds. Welch ultimative Kränkung für einen ohnehin ständig gekränkten Narziss.

Cover von Michael Wolff: Fire and Fury

Michael Wolff: Fire and Fury. Inside the Trump White House.
New York: Henry Holt and Company 2018.
336 Seiten, Hardcover
ab 5,25 €


Schöne Routinen

Ist es nicht schöne Routine, in unregelmäßigen Abständen darüber zu berichten, dass zuletzt wenig los war? Als hättet Ihr, liebe Leser, das nicht ohnehin bemerkt. Nun denn:

augenrollgeräusch

In den vergangenen Wochen war hier etwas weniger los.

Dies hatte vor allem private Gründe, die sich von akuter Unlust, Reisen, einer langwierigen und noch immer nicht ganz klaren Zukunftsplanung bis hin zu der zuletzt etwas improvisiert gestarteten Selbstständigkeit als Journalist/Texter erstrecken. Naturgemäß scheint es bei mir immer das Bloggen zu sein, das als erstes hinten runter fällt, wenn es im Alltag etwas anstrengender/trubeliger/belastender wird. Aber da, liebe Leser, müssen wir gemeinsam durch. Lohnt es sich noch, zum drölften Mal Besserung zu geloben? Sicher. Ich gelobe.

Die Lektüre driftete zuletzt doch etwas einseitig in Richtung Boltertrash ab. Insgesamt launig, düstere Tech-SciFi von wechselhafter Qualität, aber eher nichts für die Seite Zwei. Wenn ich etwas gelernt habe, dann dass die Bloggersphäre (Sagt man das noch? Fühlt sich so Y2k an.) in der Wahl der bevorzugten Inhalte doch recht wählerisch ist und (zumindest gefühlt) gerne eine gewisse Stringenz pro Blog erwartet. Zumindest legen die Leserzahlen nahe, dass Experimente etwas weniger Zuspruch finden. Also, kein Boltertrash für die Seite Zwei, solange hier kein wilder Aufschrei zu hören ist. (#boltertrash)

Zum Glück gibt es noch genügend Lektüre, über die es sich zu berichten lohnt. Kürzlich hatte ich Gelegenheit, den SuB etwas aufzustocken (Schickt Hilfe!) und damit auch Futter für die Seite Zwei zu sichten. Gerade liegt Fire and Fury von Michael Wolff auf dem Tisch, was ich in guter Tradition sicher besprechen werde – gut ein halbes Jahr nachdem es alle anderen durchgekaut haben. Bislang rechtfertigt es die erneute Besprechung durch seine erschütternde Aktualität. Wolffs Beschreibungen der Regierung Trump sind eine Groteske, die sich ein literarischer Autor nicht hätte schlimmer ausdenken können. Aktueller Arbeitstitel: „Nein, das hat er nicht gesagt!“

Wo wir gerade bei verstörenden Zukunftsperspektiven sind: Leigh Alexanders Kurzgeschichte The Future We Wanted. Black-Mirror-esk. Google Home und Alexa haben Enkel, die omnipräsent und mittels Microtransaktionen emotional aufrüstbar sind. Die Gleichheit ist sozial durchdekliniert, ohne dass sich unter der sprachlich-korrekten Fassade etwas getan hätte. Leben wir in der Zukunft, die wir wollten?

In Retrospektive werden wir wohl sagen, dass es sich schon länger angefühlt hat, als würde alles immer merkwürdiger werden.