Nein, mit internationalen Messegrößen wie Leipzig oder Frankfurt kann man sich nicht messen. Aber wollte man denn? Vermutlich eher nicht, legt man doch auch in anderen Dingen in Mainz eher Wert darauf, eben nicht Frankfurt zu sein. Wie oft ist es gerade die Mainzer Gemütlichkeit, dieser etwas kleinere Rahmen, die Zurückhaltung der Präsentation, die auch die jährliche Mainzer Büchermesse so attraktiv macht. Am vergangenen Wochenende fand im Mainzer Rathaus die 18. Auflage der Bücherschau statt.
Große Namen hat Mainz zur Genüge. Neben dem obligatorischen Herrn Gensfleisch schmückt man sich gerne mit der renommierten Universität, der Akademie der Wissenschaften und der Literatur, ZDF, SWR und Gutenberg-Museum. Zugleich aber weiß man nicht nur wegen der kecken Mainzelmännchen auf dem Lerchenberg, dass man mit dem zweiten Blick manchmal besser sieht. Und so ist die Mainzer Büchermesse vor allem eine Schau für die Kreativ- und Medienszene der Stadt abseits der großen Institutionen. Auch wenn die – selbstverständlich – mit vertreten sind.
Im Mittelpunkt stehen aber regionale Klein- und Traditionsverlage, Initiativen, mit Büchern verbundenes Kunsthandwerk sowie Lese- und Autorenförderprogramme. Kleine Perlen mit durchaus großer Bandbreite: Da stehen die „analytisch-kritischen Heimatbeschreibungen der Pfalz“ aus dem Bachstelz-Verlag neben den Reise- und Wanderführern aus dem Hause PMV oder den regionalen Krimis und Kochbüchern aus dem Leinpfad Verlag. Der Mini-Verlag C. W. Meisterburg befasst sich mit Themen, die Kinder zwar erleben, die aber auf dem klassischen Kinderbuchmarkt eher ausgelassen werden (beispielsweise der Schlaganfall von Opa Willi). Zeitgeschichtlich hochaktuelles von Lafontaine bis Noam Chomsky findet sich im Mainzer nomen Verlag, während sowohl der Verlag S. Fechner-Sabo als auch der Jüli-Verlag und Buchkünstler Matthias Harnisch die Freunde feiner Kunst und Poesie begeistern.
Zu den kleinen Besonderheiten zählen sicher der Esperanto-Buchversand und der kleine Kinzelbach-Verlag. Ersterer versorgt Leser auf der ganzen Welt mit einem ausschließlich in Esperanto gehaltenen Programm aus Lehrbüchern, Klassiker-Übersetzungen und original in Esperanto verfassten Titeln aus Belletristik, Poesie und Sachbuch. Donata Kinzelbach hingegen gibt in ihrem kleinen Verlag seit fast 30 Jahren ausschließlich Literatur aus dem Maghreb in deutscher Übersetzung heraus und engagiert sich auf diese Weise mit Hingabe für die friedliche Verständigung zwischen den Kulturen. Über 100 belletristische Titel und Sachbücher umfasst das Programm mitllerweile.
Meine persönliche Entdeckung ist jedoch die Kombination aus Ventil und gONZoverlag. Zuerst etwas irritiert vom doch recht breiten Spektrum zwischen Punkliteratur, veganen Kochbüchern und feinen Lyrikheftchen, wurde ich rasch aufgeklärt, dass es sich um zwei unabhänige Projekte handelt, die sich lediglich einen Stand teilten. Beide unabhängig, alternativ und abseits des Mainstream. Der 1999 entstandene Ventil Verlag widmet sich dabei eher einer bunten Mischung aus Subkultur, Gesellschaftstheorie, Musik- und Filmgeschichte, während der gONZoverlag von Miriam Spies äußerst lesenswerte und alternative Belletristik und Poesie präsentiert. Besonders gespannt bin ich auf Lee Hollis‘ Many Injured, More Dead, das bei Ventil erscheint und direkt mal auf die Leseliste gewandert ist.
Es lohnt sich, abseits der bekannten Wege zu gehen. Die Pfade mögen etwas weniger bequem anmuten, die Blumen am Wegesrand sind dafür umso vielfältiger und ausgefallener.